Diskussionspapier AGS Schleswig-Holstein
Die Gemeinwohl-Ökonomie bietet eine scheinbar verlockende Alternative zur kapitalistischen Marktwirtschaft: Geld und Märkte sollen den Menschen dienen und nicht umgekehrt. Es geht nicht mehr um Wirtschaftswachstum, sondern um die stetige Erhöhung des Gemeinwohls.
Als Grundlage dienen Werte, die auch in zwischenmenschlichen Beziehungen von Vorteil sind, wie Ehrlichkeit, Kooperation, Solidarität, Wertschätzung und Vertrauen. Unternehmen sollen einander in Zukunft unterstützen, statt zu konkurrieren. Ziel jedes ökonomischen Handelns ist nicht mehr die Gewinnmaximierung, sondern die Steigerung des Allgemeinwohls.
Laut der Gemeinwohl-Ökonomie soll das Firmenkapital „teil- und schrittweise an die Beschäftigten und die Allgemeinheit überführt werden“. Geht es nach Vertretern der Gemeinwohl-Ökonomie, sollen globale Wirtschaftskreisläufe durch regionale ersetzt werden. Außerdem soll es Obergrenzen für Privatvermögen geben, Investitionen an den Finanzmärkten wären verboten und in der Folge würden Börsen und Anlageprodukte verschwinden. Die Liste der Planungsziele der Gemeinwohl-Ökonomen ist damit noch lange nicht erschöpft.
Kritik an der Gemeinwohl-Ökonomie
Wirtschaftsexperten warnen vor den tiefgreifenden Veränderungen, die mit einer Etablierung der Gemeinwohl-Ökonomie einhergehen würden. Sie befürchten enorme Kosten durch bürokratischen Aufwand, die Abwanderung von Unternehmen, den Verlust von Wohlstand und vor allem erhebliche Einschränkungen der wirtschaftlichen Freiheiten von Individuen bzw. Unternehmen, bis hin zu Enteignungen. Die Gemeinwohl-Ökonomie scheitert u.a. daran, dass kein Unternehmer bereit ist, dessen Bedingungen zu erfüllen – mit Ausnahme von Genossenschaften oder Kleinunternehmen aus dem Sozialbereich, die die Bedingungen heute schon erfüllen, weil es in der Natur ihrer Tätigkeit gehört und keine der o.g. Opfer erfordert.
Der andere Weg: Sozial-ökologische Marktwirtschaft
Ja, wir brauchen eine Runderneuerung der Sozialen Marktwirtschaft, gewissermaßen einen neuen Gesellschaftsvertrag, den wir als gerecht ansehen können. Er muss eine neue Solidarität mit gesellschaftlichem Wohlstand verbinden. Wir brauchen eine Balance zwischen sozialer Sicherheit und marktwirtschaftlichen Anreize, dabei ist eine ökologische und soziale Nachhaltigkeit das Ziel. Eine neue sozial-ökologische Marktwirtschaft soll Chancengleichheit und Wohlstand für alle garantieren und muss für ein effizientes und gerechtes Steuer- und Sozialsystem sorgen. Zum Beispiel für eine
- Steuerreform (u.a. mit der Einführung der Vermögensteuer)
- Bürgerversicherungen (u.a. Gesundheit, Pflege und Rente)
- Basissicherung (u.a. Grundeinkommen oder Bürgerdividende)
Klimawandel, Energiekrise, Corona, Globalisierung, Digitalisierung und demografischer Wandel stellen unsere Wirtschaft vor große Herausforderungen im 21. Jahrhundert. Darüber hinaus beeinflussen Systemkonkurrenten wie China und andere Akteure zunehmend den Markt, indem sich deren Volkswirtschaften durch Umgehung von Marktmechanismen systematisch Vorteile verschaffen. Zudem besteht die Gefahr, dass die Digitalisierung zu neuen Monopolen führt, die es zu verhindern oder zu reduzieren gilt. Klar ist, dass Unternehmen künftig nicht nur an Kapitalrendite, Jahresüberschuss und Umsatz gemessen werden, sondern auch an ökologischen, gesellschaftlichen und sozialen Taten.