Zur Lage von Selbständigen in Schleswig-Holstein | eine Umfrage der AGS-Schleswig-Holstein 2022

Pandemie und Energiekrise stehen derzeit im Fokus der Aufmerksamkeit. Als AGS (Arbeitsgemeinschaft der Selbständigen) in der SPD Schleswig-Holstein ging es uns bei der Umfrage um die grundlegende Lage von Selbständigen und Solo-Selbständigen in Schleswig-Holstein. (...) Der überwiegende Anteil der Befragten ist bereits langjährig selbstständig; mehr als 80 % sind deutlich über 11 Jahren und über 50% mindestens seit 21 Jahren selbstständig tätig; 16% sind zwischen 3 bis 10 Jahren dabei. Startups nahmen an der Befragung nicht teil. (...)

Frage: Seit wann bist Du selbständig?
Frage: Seit wann bist Du selbständig?

Einleitung

Pandemie und Energiekrise stehen derzeit im Fokus der Aufmerksamkeit. Als AGS (Arbeitsgemeinschaft der Selbständigen) in der SPD Schleswig-Holstein ging es uns bei der Umfrage um die grundlegende Lage von Selbstständigen und Solo-Selbstständigen in Schleswig-Holstein.

Unsere Online-Umfrage erfolgte im August 2022, sie ist nicht repräsentativ. Befragt wurden selbstständig tätige Parteimitglieder der SPD Schleswig-Holstein und Selbstständige in sozialen Netzwerken. Die Umfrage umfasste 21 Fragen zu wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und sozialen Aspekten der Selbstständigkeit.

Wer sind die Selbständigen?

Der überwiegende Anteil der Befragten ist bereits langjährig selbstständig; mehr als 80 % sind deutlich über 11 Jahren und über 50% mindestens seit 21 Jahren selbstständig tätig; 16% sind
zwischen 3 bis 10 Jahren dabei. Startups nahmen an der Befragung nicht teil.
Mehr als die Hälfte der Befragten gehört zur Gruppe der Solo-Selbstständigen (~56%). Weitere 28 % haben bis zu 5 Angestellte und 16% bis zu 20 Angestellte.

Der Anteil von männlichen Teilnehmenden ist mit 86% deutlich höher als der Anteil an weiblichen Teilnehmenden mit 11%. Eine teilnehmende Person ist divers. Hier stellt sich die  Frage – insbesondere da die Umfrage nicht repräsentativ ist – ob der Anteil von Frauen unter den Selbstständigen tatsächlich so niedrig ist, oder ob nur ein geringer Anteil an selbstständigen Frauen an dieser Umfrage teilgenommen hat. Ein weiterer Aspekt ergibt sich aus der Frage, wie viele selbständig tätige Frauen es im Umfeld der Partei gibt.

Der Altersdurchschnitt der Befragten ist über 61 Jahre (44,2 %), davon 18,6% über 70 Jahre alt. Jüngere Selbstständige bis zu 25 Jahren haben an der Umfrage nicht teilgenommen. Die Frage nach einer Teilzeitselbstständigkeit wurde nicht gestellt. Diese könnte allerdings einen Einfluss haben, wenn gegen Ende oder nach dem Berufsleben noch eine Selbstständigkeit erfolgt. Hierüber liegen keine Zahlen vor.

Die Befragten verteilen sich über ein breites Spektrum aus allen Branchen.

Selbsteinschätzung der Lage

In mehreren Fragen wurden die Teilnehmenden nach Einschätzung ihrer aktuellen persönlichen wirtschaftlichen Situation befragt.

Die Höhe der Umsätze wurde von mehr als der Hälfte (51,2%) als gut und von 14% als sehr gut bewertet. 16,3 % der Befragten gaben die Umsätze als ausreichend und 18, 6 % als nicht ausreichend an. Trotz aktueller Krisen haben somit 2/3 der Teilnehmenden ihre Umsätze als positiv bewertet.

Die Zahlungsbereitschaft der eigenen Kunden wurde von 81,4% der Befragten als gut und sehr gut angegeben. Dies könnte mit der hohen Anzahl von langjährig tätigen Selbstständigen korrelieren. Weniger als 20 % bewerteten die Zahlungsbereitschaft von Kunden als ausreichend bis mangelhaft.

Ein sehr großer Teil der Befragten sieht sich als gut bis sehr gut aufgestellt für die kommenden Veränderungen in ihrer Branche (z.B. Digitalisierung). Rund 20% sehen sich nicht ausreichend
oder gerade ausreichend darauf vorbereitet.

Interessant sind die Antworten auf die Frage, wer Umsätze mit Aufträgen von der öffentlichen Hand generiert. Nur wenige der Teilnehmenden erhält Aufträge von der öffentlichen Hand.

Auch von staatlichen Förderprogrammen profitiert nur ein geringer Anteil der Teilnehmenden. Nur knapp 12 % der Befragten erhielten 2020 Unterstützung aus den Coronahilfen oder haben staatliche Förderprogramme genutzt. Die große Mehrheit von über 80% dagegen profitiert nicht von staatlichen Förderprogrammen oder nutzt sie grundsätzlich aufgrund umfangreicher bürokratischer Hürden nicht.

Befragt zu den aktuellen Krisen, gaben ¾ der Teilnehmenden an, dass sie wirtschaftlich gut bis sehr gut durch die Pandemie gekommen sind. Die anderen Befragten bezeichneten ihre Situation dagegen eher als schlecht oder katastrophal.

Erhebliche Einschränkungen auf die wirtschaftliche Lage durch die aktuelle Energiekrise geben fast 50 % der Teilnehmende an, nur 21,4 % bezeichneten die Energiekrise als geringen Einflussfaktor auf die Geschäftslage. Diese Zahlen zeigen, dass die Energiekrise (knapp 80 %) die Teilnehmenden in ihrer selbstständigen Tätigkeit deutlich stärker trifft, als die Auswirkungen der Pandemie (ca. 25%).

Weitere Fragen betrafen die persönliche Einschätzung der Teilnehmenden zu ihrer aktuellen und zukünftigen privaten bzw. sozialen Lage. Die Zeit, die ihnen für ihre Familie und Privatleben bleibt, sehen knapp 2/3 der Teilnehmenden als ausreichend bzw. sogar als reichlich an, während 1/3 angeben, dass sie zu wenig oder wenig Zeit für Familie und Privatleben haben.

Durchaus positiv wird die Frage nach der Vereinbarkeit von Selbständigkeit mit dem eigenen Lebensmodell gesehen. Nur 20% der Befragten sehen sie als noch ausreichend an.

Problematische erscheinen die Antworten nach der Absicherung für das Alter: Mehr als 2/3 der Teilnehmenden sehen sie als nicht ausreichend oder gerade ausreichend an. Gleiches gilt für die Bewertung der persönlichen Vorsorgen bei Krankheit oder Ausfall.

Die Höhe ihrer Krankenversicherungsbeiträge halten 70% für viel zu hoch bzw. für zu hoch. 21% bezeichnen sie als noch ertragbar und nur 9,3 % als angemessen.

Die Frage nach den Sorgen in der selbstständigen Tätigkeit ergab, dass für 45% der Befragten finanzielle Sorgen inklusive Versorgung bei Alter und Krankheit im Vordergrund stehen. Die aktuellen Krisen, Politik und Bürokratie machten 25 % der Selbstständige Sorgen. Der Fachkräftemangel belastet nur wenige der Befragten.

Freude an der eigenen Selbständigkeit, Eigenverantwortung und Einfluss stehen für 41% der Teilnehmenden im Mittelpunkt ihrer Motivation, für weitere 32 % ist dies Zeit, Freiheit, Flexibilität und Kreativität. Nur 10 % gaben Geld und Erfolg an.

Cluster bezogene Einschätzung der Lage

Die Fragen wurden anschließend unter dem Aspekt der folgenden Cluster Dauer der Selbstständigkeit, Betriebsgröße, Alter oder Geschlecht betrachtet:

  1. Dauer der Selbständigkeit

    Hier zeigt sich, dass bei kürzerer Dauer der Selbstständigkeit (bis zu 10 Jahre) sowohl die Höhe der Umsetze als auch die Zahlungsbereitschaft als besser eingestuft wird, als bei deutlich
    längerer Dauer der Selbstständigkeit. Teilnehmende, die weniger als 5 Jahre selbstständig sind   sehen sich besser auf Veränderungen in ihrer Branche vorbereitet als diejenigen, die länger
    selbstständig sind.
    Teilnehmende, die bis zu 10 Jahre selbstständig sind, geben an, dass sie mehr Zeit für Familie und Privatleben haben. Teilnehmende, die bereits länger selbstständig sind, geben dafür an
    weniger Zeit zu haben.
    Die Vereinbarkeit von Selbstständigkeit und Lebensmodell wird von den Teilnehmenden mit einer Dauer der Selbstständigkeit zwischen 6 und 10 Jahren am positivsten bewertet.

  2. Alter

    Alle Altersgruppen sehen die Vereinbarkeit von Selbständigkeit und ihrem Lebensmodell eher positiv. Durchschnittlich zufrieden mit der Vereinbarkeit von Selbständigkeit und Familie sind
    alle Altersgruppen. Bei Absicherung des Alters und der Vorsorge sehen sich alle Altersgruppen mit Ausnahme der jüngeren eher schlecht aufgestellt.

  3. Betriebsgröße

    Die Umsätze und die Zahlungsbereitschaft der Kunden werden bei allen Betriebsgrößen als eher gut bewertet. Auch auf die Veränderungen in ihren Branchen sehen sich alle
    Betriebsgrößen eher positiv vorbereitet.

    Die Zufriedenheit mit der Vereinbarkeit von Selbständigkeit und Familie wird insgesamt als durchschnittlich gut bezeichnet. Wobei Soloselbstständige mehr Zeit für Familie und Privatleben in Anspruch nehmen. Die Vereinbarkeit von Selbständigkeit und ihrem Lebensmodell wird eher positiv gesehen. Sie nimmt aber mit steigender Betriebsgröße ab.

     

Fazit

Auch wenn die Umfrage nicht den Anspruch einer repräsentativen Abbildung der wirtschaftlichen Lage von selbstständig Tätigen in Schleswig-Holstein erhebt, zeigt sie doch
deutliche Tendenzen bei einigen wichtigen Themen auf.

Aufträge der öffentlichen Hand erhalten Selbstständige (Soloselbstständige und Betriebe bis zu 20 Angestellten) nur im geringen Maß und staatliche Förderungen werden nur im geringen
Maße genutzt. Frauen als Selbstständige sind unterrepräsentiert und werden in dieser Umfrage nur auf die Altersgruppe 41-60 Jahren dargestellt. Ein großes Thema gerade für Solo-
Selbstständige bleibt nach wie vor die Altersvorsorge sowie die Absicherung von Krankheit und Ausfall (Aufträge, Zahlungen, Gesundheit).


Politische Ziele:

  • Zugang zu Aufträgen der öffentlichen Hand unabhängig von der Betriebsgröße, insbesondere auch für Solo-Selbstständige
  • Vereinfachung des Zugangs zu staatlichen Förderungen
  • Förderung (Förderprogramme) der Selbstständigkeit von Frauen
  • Absicherung der Altersvorsorge durch vereinfachten Zugang zur gesetzlichen Rentenversicherung unter Berücksichtigung bereits vorhandener privater Vorsorge
  • Berechnung der Beiträge zur Krankenversicherung nach tatsächlichen Einkommen

Download des Beitrages als PDF-Datei:
AGS Umfrage | Lage der Selbstständigen in S-H | 2022

Presseanfragen zur Umfrage an:
AGS Schleswig-Holstein
Vorsitzender: Guenther P. Hansen
E-Mail: ags-sh@nullt-online.de